„Vier Jahre Oberliga, und jetzt wieder, des erste Moi nach so langer Zeit…“ Die Augen von „Zwack“ Meisinger glänzen, vor lauter Vorfreude auf ein besonderes Ereignis: Heute Abend um 19.45 Uhr startet der EHC Waldkraiburg in der heimischen Raiffeisen-Arena gegen Altmeister EV Landshut in die Oberliga. Ein großer Tag in der Geschichte des Waldkraiburger Eishockeys, die der 79-Jährige seit Anfang der 1970er-Jahre begleitet und dokumentiert hat.

Waldkraiburg – Rückblende! Sonntag, 15. März 1992: Mit einer 5:6-Niederlage beim EV Dingolfing verabschiedet sich der EHC Waldkraiburg nach einer total verkorksten Saison aus der Oberliga Süd. Fast 25 Jahre sollte es dauern, bis der Club endlich wieder in der dritthöchsten Eishockey-Liga angekommen ist. Nach einer Eishockey-Renaissance, die im vergangenen Jahr mit dem umjubelten Meistertitel in der Bayernliga gekrönt wurde.

Waldkraiburger Eishockeyfans müssen geduldig sein. Keiner weiß das besser als Ludwig Meisinger, den – wegen seines Gardemaßes von 1,60 Meter – alle nur „Zwack“ rufen. Noch immer hat der 79-Jährige das umfangreichste private Waldkraiburger Eishockey-Archiv im Keller: 20 Leitz-Ordner mit Spielen, Punkten, Fotos, Zeitungsberichten, Statistiken. Von Anfang an verfolgte er die Geschicke dieses Sports in Waldkraiburg, seit der Saison 1971/72, als der Club unter dem Dach des VfL in die Kreisklasse Süd startete.

„Eigentlich war ich ja ein Fußball-Damischer“, sagt der ehemalige Töginger, der einst beim SSV den Kassier machte. „Aber Eishockey ist einfach schneller.“ Außerdem spielte bald sein Sohn Klaus beim Nachwuchs, später auch bei den Senioren mit. Da hat sich der „Zwack“ am Eishockey-Virus angesteckt und ist nicht mehr davon losgekommen.

„Mei, wos hob i Handschuah gflickt!“

Spieler, Trainer und Betreuer hätten ihn auch nicht mehr weggelassen. Denn der Schneider, der 40 Jahre lang bei Konen arbeitete, wurde schnell zu einer wichtigen Service-Kraft. Zwack hat repariert und hergerichtet, was das Zeug hielt, Brustschutz, Tiefschutz, Trikots, Hosen. „Mei, wos hob i Handschuah gflickt!“ Bis heute unterstützt er Elsa Laschütza, wenn er gebraucht wird.

Und nebenher hat der Waldkraiburger sein Archiv aufgebaut, die großen Momente festgehalten und die bitteren. Der erste Aufstieg in die Oberliga Süd 1983 gehört zu den Höhepunkten. 21:5 wurde in dieser Saison Göppingen abgefieselt, Rekord. Sieben Tore erzielte Edgar Zerwesz, der große Bruder des heutigen EHC-Trainers, in diesem einen Spiel. Noch ein Rekord.

Und der Aufsteiger übertraf sich in der ersten Oberliga-Saison selbst. Platz drei erreichten die Spieler Rudi und Klaus Feistl, Vitus Mitterfellner, Edi Zerwesz, Stefan „Bam Bam“ Reiter, Johny Ware in der Aufstiegsrunde. Nur knapp schrammten sie am Aufstieg zur 2. Bundesliga vorbei.

Ein Jahr später war es so weit: Mit einigen erfahrenen Cracks aus den Eishockey-Hochburgen Rosenheim und Landshut gelang der Sprung in die 2. Liga Süd. Vor über 2500 Zuschauern erreichten sie im letzten Heimspiel gegen den EV Landsberg (3:3) den einen Punkt, der ihnen noch zum Glück fehlte. Oder soll man sagen: zum Unglück?

Die Euphorie war groß, der Katzenjammer ein Jahr später nicht geringer. In der Vorrunde hatten sie keine Chance gegen die Arrivierten. Die Zuschauer blieben weg und kamen auch nicht wieder, als der VfL in der Abstiegsrunde souverän den Klassenerhalt schaffte. Dank der überragenden Cracks aus Übersee, Ken Latta und Jean Savard, einem ehemaligen NHL-Profi.

Sportlich hätte es gereicht für ein weiteres Bundesliga-Jahr, doch finanziell? „Immer wieder hat es geheißen, Geld, Geld, Geld“, erinnert sich Zwack Meisinger an den freiwilligen Rückzug, den bitteren Absturz in die Landesliga. Dass das Waldkraiburger Eishockey sportlich dort nichts verloren hatte, demonstrierte es in den nächsten Jahren. Auf dem Rückweg in die Bayernliga wurde der TSC Trostberg auswärts mit 21:4 Toren überrollt, alleine Johny Ware erzielte acht Tore. Ein Jahr später stellte Waldkraiburg einen Rekord für die Ewigkeit auf, wurde Bayernliga-Meister mit 44:0 Punkten und 298:59 Toren. 17 Spiele endeten zweistellig für den VfL-Express, der auch in der Regionalliga nicht zu stoppen war. 1989 holte das Team die deutsche Regionalliga-Meisterschaft in die Stadt.

Und von 1990 bis 1992 gehörte sie noch einmal der Oberliga an. Spieler wie Robert Pfohl, Ralf Schurzmann, Michael Buchecker, Mario Breneizeris oder James Hanlon vertraten die Waldkraiburger Farben, jetzt unter dem Namen EHC. Die Eishockey-Abteilung und der VfL gingen getrennte Wege. An die Erfolge in den ersten beiden Oberliga-Jahren konnte der EHC aber nicht mehr anknüpfen. Zweimal Platz 15 unter 16 Mannschaften blieb nach der Vorrunde, im ersten Jahr rettete sich der Verein in der Relegationsrunde, im zweiten Jahr stürzte er mit Pauken und Trompeten ab.

„Da Rainer, ganz klar, des is füa mi de Nummer oans.“

Die sportlichen Schlagzeilen schrieb da ein Waldkraiburger Spieler, der Anfang der 1990er-Jahre den Sprung in die Elite-Liga schaffte: der junge Rainer Zerwesz, der gleich in seinem ersten Profi-Jahr mit der Düsseldorfer EG den Meistertitel holte, dem zwei weitere folgen sollten und viele Einsätze im Nationaltrikot.

„Da Rainer, ganz klar, des is für mi de Nummer oans“, sagt Zwack Meisinger, wenn er nach dem besten Waldkraiburger Eigengewächs aller Zeiten gefragt wird. „Und danach kommt der Markus Draxler“, der nach Rosenheim wechselte und sogar „Nationalspieler auf Abruf“ war. Nicht der einzige, der für Waldkraiburger Eishockeymannschaften auflief. Martin Walter, Gustl Hanig, Peter Scharf, später Bernd Truntschka, mit dessen Namen Mitte der 90er-Jahre noch einmal ein kurzer Höhenflug des Waldkraiburger Eishockeys verbunden ist, – alles (Ex-)Internationale, die auch in diesen illustren Kreis gehören.

Zwack Meisinger hat sie alle in seinen Ordnern und Alben, die Puckjäger aus 45 Jahren, auch den Rekord-Torschützen Zdenek Cech, der über 300-mal für den EHC traf.

Nach der Saison 2014/15 hat er das Sammeln eingestellt. „Heute steht alles im Computer“, sagt der 79-Jährige. Damit hat er nichts mehr im Sinn, dem Waldkraiburger Eishockey hält er natürlich weiter die Treue. Schon deshalb, weil wieder eine Mannschaft auf dem Eis steht, „die mir so guat gfoit wie seit vielen Jahren koana mehr“. Und, so ergänzt er in breitem Bairisch, die „einen Trainer hod, der soiba a no wos ko, ders eahna zoagn ko. Da Zerwesz hod scho a Ahnung.“

„Mia san guad aufgstoit“

Und der Zwack natürlich auch. Und deshalb weiß er, dass es heute Abend ziemlich schwer wird gegen Landshut. „Klar, do hoi ma nix.“ Die Spiele, in denen Woidkraiburg „wos hoid“, die kommen noch, glaubt er. Gegen die Mitaufsteiger Lindau und Höchstadt zum Beispiel, gegen Weiden oder Schönheide in Thüringen. „Schönheide, do hob i ja no nia wos ghört davo. Do geht wos.“ Platz acht, ein Play-off-Platz, kann es am Ende werden, meint er. In der Vorbereitung habe der EHC nämlich „guad aus-gschaut. „Mia san guad aufgstoit.“ Vor allem der neue Torhüter Björn Linda hat es ihm angetan. „Der Mann hat eine super Reaktion.“

Ludwig Meisinger wird natürlich im Stadion mit dabei sein, um Linda gegen Landshut zu sehen sein und bei allen Oberliga-Heimspielen seinem EHC die Daumen zu drücken. Wenn er mal ein Spiel ausließe, würde ja gleich nachgefragt: Was ist denn da los? Wo ist er denn, der Zwack? „An Meisinger kennt nämlich koana, an Ludwig a ned, an Zwack scho!“

Freundlicherweise bereitgestellt von: Waldkraiburger Nachrichten