Das Phrasenschwein hält sich zwar laut lachend den prall gefüllten Bauch, doch nach der Partie zwischen den „Löwen“ und den „Eispiraten“ aus Dorfen kann man es nicht anders sagen: Das Derby hat immer eigene Gesetze und schreibt seine ganz eigenen Geschichten. Und letztere gab es am Sonntag zur Genüge, auch wenn der EHC Waldkraiburg am Ende mit 4:6 gegen den Tabellenführer unterlag.

 

Die erste Geschichte über das Derby zwischen dem EHC Waldkraiburg und dem ESC Dorfen wurde bereits vor Anpfiff des Spiels geschrieben: Denn bereits 90 Minuten vor Spielbeginn bildete sich vor der Waldkraiburger Eissporthalle eine lange Schlange an Zuschauern, die noch Karten für den Kracher ergattern wollten- so etwas hatte man mindestens seit dem Endspiel im Frühjahr 2008 nicht mehr erlebt. Das zweite Kapitel an diesem Abend gehörte dem „Teddy Bear Toss“, der am Ende nicht nur ein Erfolg, sondern ein gigantischer Erfolg wurde. Nahezu alle Zuschauer kamen mit Teddys und Stofftieren „bewaffnet“ ins Stadion, um diese beim ersten Tor des EHC in hohem Bogen aufs Eis werfen zu können. Gerade einmal 35 Sekunden dauerte es, da hatte Lukas Wagner das 1:0 für die Hausherren erzielt (00:35) und ließ es Teddys regnen. Am Ende waren es sage und schreibe 1920 Stofftiere, die jetzt an die Kinderkrebshilfe Balu, das Kinderkrankenhaus Rosenheim, Kindergärten und nach Au am Inn gespendet werden. Dass diese Partie, die aufgrund des Zuschauerandrangs mit einigen Minuten Verspätung angepfiffen werden musste, eine spezielle war, konnte man an der Fan-Choreographie hinter dem Tor der „Löwen“ erkennen. Alle Gesichter der Spieler und von Trainer Rainer Zerwesz waren riesig aufgemalt worden, dazu der Spruch: „Wenn die Blau-Gelben Fahnen wehen, wird das Dorfner Piratenschiff heute untergehen. Die ganze Region wird zu euch stehen und will euch heute kämpfen und siegen sehen!“ Passend dazu wurden im gesamten Stadion selbst gemachte blaue und gelbe Fahnen verteilt, die zum Einlauf des Teams schon mal kräftig wehten. Das Spiel selbst nahm sofort Fahrt auf, hohes Tempo, starke Kombinationen und viele Tore durften im ersten Drittel gleich bestaunt werden: Nach Wagners Führungstreffer legte Max Kaltenhauser in Überzahl nach (07:35). Dorfen verkürzte zwar (08:33), doch Kaltenhauser stellte den alten Abstand umgehend wieder her (09:20). Die Gäste konnten vor der ersten Pause zwar nochmals in Überzahl verkürzen (12:23), doch dann war das Spiel ohnehin schon eigentlich gelaufen und das ist die tragische Geschichte dieses Spiels. Mit Neuzugang Daniel Hilpert stand für den EHC Waldkraiburg nämlich zwar ein Spieler auf dem Eis, aber nicht auf dem offiziellen Spielberichtsbogen. Der wird vor den Spielen erstellt, kontrolliert, am Ende von den Trainern unterschrieben und schließlich den Schiedsrichtern übergeben- und hier fiel der Neuzugang irgendwie durchs Raster. „Ich bin heute auch überhaupt nicht zufrieden mit der Leistung- nicht von den Spielern, sondern mit meiner Leistung. Das ist ein Fauxpas, der nicht passieren darf.“ erklärte EHC-Coach Zerwesz nach dem Spiel. In der ersten Pause teilte er der Mannschaft diesen Fehler, der die Begegnung eigentlich entschied mit und das hatte weit reichende Folgen: „Dadurch war die Mannschaft wie am Boden zerstört und hat ab dem zweiten Drittel ein komplett anderes Gesicht gezeigt. Jetzt müssen wir sehen, wie entschieden wird. Mir ist es in 40 Jahren noch nicht passiert, dass ein Spieler nicht auf dem Bogen stand, aber gut dass es jetzt passiert ist und nicht später in der Saison. Dass es aber bei so einem Spiel passiert, tut mir leid für die Mannschaft und auch die vielen Fans, die heute gekommen sind und uns bis zum Schluss angefeuert haben. Im zweiten Drittel wirkte der EHC wie von der Rolle, der Fehler lastete schwer auf den Schultern der „Löwen“ und Dorfen konnte ausgleichen (27:31). Im Schlussdrittel ging der ESC durch zwei weitere Treffer (41:26 / 46:13) sogar mit 5:3 in Führung, doch die „Löwen“ bissen sich zurück und zeigten Charakter, denn sie wollten den vielen Zuschauern, die gekommen waren und für eine fantastische Kulisse gesorgt hatten, etwas bieten. So schoss Jakub Marek den EHC wieder auf 4:5 heran (56:20), den Schlusspunkt unter einen an noch mehr Geschichten reichen Abend zum 4:6-Endstand setzte mit Florian Brenninger erneut einer der Gäste ins leere „Löwen“-Tor (59:42), als nochmals fast alle 2104 Zuschauer hofften, der EHC könnte in einem schon längst verlorenen Spiel nochmals ausgleichen. Der ESC Dorfen bleibt damit Tabellenführer, die „Löwen“ liegen auf Rang drei mit vier Zählern Rückstand. Bei so vielen Geschichten bleibt nur zu hoffen, dass diese beiden Teams im weiteren Saisonverlauf nochmals aufeinander treffen, denn dann können noch neue Kapitel in der großen Derby-Geschichte hinzukommen.

 

Eishockey-Bayernliga 2015/ 2016, 22. Spieltag. EHC Waldkraiburg – ESC Dorfen 4:6 (3:2/ 0:1/ 1:3). Tore: 1:0 00:35 Wagner L. (Paderhuber A., Kaltenhauser M.), 2:0 07:35 Kaltenhauser M. (Wagner L., Marek J. PP1), 2:1 08:33 Kroner J. (Miculka L., Göttlicher Ch.), 3:1 09:20 Kaltenhauser M. (Marek J., Wagner L.PP1), 3:2 12:23 Gerbl D. (Miculka L., Kroner J. PP1), 3:3 27:31 Findeis E. (Selmair M., Attenberger A.), 3:4 41:26 Miculka L. (Kroner J., Fischer F. PP1), 3:5 46:13 Miculka L. (Fischer F., Rauscher A.), 4:5 56:20 Marek J. (Paderhuber A., Wagner L.), 4:6 59:42 Brenninger F. (Kroner J., ENG). Strafen: EHC Waldkraiburg 10 Strafminuten + 10 Minuten Disziplinarstrafe (Andrä A.), ESC Dorfen 14 Strafminuten + 10 Minuten Disziplinarstrafe (Miculka L.) + 20 Minuten Spieldauerstrafe (Miculka L.). Zuschauer: 2104.